Dienstag, 28. Dezember 2010

Hörspiele, die noch ihrer Aufnahme harren. Teil 1: Die drei Laberleichen und der Schwatz der Mönche

Die drei Schüler Pluto (46), Paul (49) und Baumeister (45) aus dem kleinen Küstenort Bitchy Rock in der Nähe der Filmstadt Los Tacheles betreiben schon seit ihrer Kindheit ein Detektivbüro, brachten jedoch aufgrund ihrer Dumm-, Faul- und Trägheit weder einen Fall noch ihre Schullaufbahn zu einem Abschlusse. Statt dessen arbeiten die drei zumeist für Plutos Tante und Onkel, Clothilde und Vespasian, die einen illegalen Jungbrunnen betreiben. Auch der neuste Fall der drei „Jungs“ verspricht wieder aufregend lange Mono- und Dialoge, an einer Stelle sogar ein Streitgespräch mit bis zu fünf Teilnehmern gleichzeitig! Denn auch, wenn ihre Klienten weitgereiste Bettelmönche aus dem Kali-Gandaki-Tal sind, lassen sich die drei niemals die Butter vom Brote nehmen, wenn es darum geht, das letzte Wort zu behalten!


Langeweile in Bitchy Rock! Pluto, Paul und Baumeister sitzen gerade zu einem gemütlichen Plausch bei Käsesahne- und Schwarzwälder Kirschtorte vereint beisammen, als das Telefon klingelt und die Unterhaltung stört. Doch bald ist aller Ärger darüber vergessen, denn am Apparat ist ein neuer Klient für die drei Detektive! Die Knüppelmönche aus dem Kali-Gandaki-Tal in Nepal haben ihre Heimat verlassen, um ausgerechnet im Großraum Los Tacheles einen neuen Anführer für ihre Sekte zu finden. In einer Vielzahl langwieriger Gespräche fragen sich die drei Laberleichen durch ihr Abenteuer, diskutieren über Wiedergeburt, Überbevölkerung und Käsesahnetortenkonsistenzen, liefern sich eifrige Wortgefechte mit eloquenten Schurken und kommen mehr als einmal vom Thema ab – ob sie es schaffen werden, den Mönchen zu helfen, bevor die CD voll ist?

Sonntag, 26. Dezember 2010

Eine Winterballade

Die Wolke schob sich dermaleinst
gar mitten vor die Sonnen
und schickte drauf hinab zur Erd
den Schnee – und das in Tonnen.

Doch ach, war das Gejammer groß,
der Mensch wollt gar nichts Weißes:
„O liebes Wetter“, hub er an,
„ich hätt doch gern was Heißes!“

Die Wolke zog beleidigt fort
und ließ die Sonne scheinen.
Doch fing darauf der Schnee gleich an
zu schimpfen und zu greinen:

„So brenne mir nicht auf den Pelz“,
sprach er im Ton, im barschen,
„ich schmilze doch schon obenrum –
du willst mich wohl verharschen?“

Die Sonne zog beleidigt fort
und wollte nicht mehr wärmen,
die Wolke kehrte drauf zurück
und schickte Schnee in Schwärmen.

Was fingen nun die Menschen an
die Massen Schnees zu räumen,
und konnten doch in Eiseskält
von Sonnenwärm nur träumen.

Ach, wollte nur der dumme Schnee
die Sonne nie empören!
Nun ist sie fort, und unsre Klag
wird sie nun nimmer hören!

Dienstag, 7. Dezember 2010

Wenn der Durst dich überfällt…


Gerolstein ist weithin berühmt für sein schmackhaftes, hochwertiges Mineralwasser, und im romantischen Städtchen selbst findet man selbst in solch an sich trostlosen Orten wie dem Bahnhofe an einem munter sprudelnden Quell die Aufforderung, doch einmal von diesem sagenhaften Wässerchen zu kosten.

Montag, 29. November 2010

Szenen einer Ehe. Teil 5

Stupidità

„Kunigunde, Kunigunde,
du redest vieles Zeugs vergebens;
Dummheit dringt aus deinem Munde,
o du Schatten meines Lebens!“

Oft schon hätt ich dies
laut gern vorgebracht,
wenn du wieder fies
über mich gelacht.

Doch muß ich mich vorsehn
vor deiner festen Faust.
Was mag wohl in dir vorgehn,
wenn du mich verhaust?

Dummheit ist dein Leben,
voller Dunkelheit.
Du willst mir Hiebe geben –
längst bin ich dich leid!

Dienstag, 23. November 2010

Fotoretusche rustikal

Dank modernster Technik ist es heute kein Problem mehr, Fotografien zu retuschieren. Technisch weniger begabte Personen greifen jedoch noch immer zu recht rustikalen Methoden.

Dienstag, 16. November 2010

Politik, die durch den Magen geht


Die Frage, ob ein Negerkuß oder Mohrenkopf heutzutage politisch korrekt noch als solcher bezeichnet werden darf oder ob man sich nicht lieber der Ausdrücke Schokokuß, Schaumkuß, Schwedenbombe oder Bumskopf bedienen sollte, ist den meisten Verbrauchern herzlich egal.

Dienstag, 2. November 2010

Verwählt

Ein Telefon läutet
Person 1 nimmt den Hörer ab Hallo?
Person 2 sprudelt aus dem Telefonhörer 実はお願いがあるのですが
Person 1 Verzeihung, ich habe Ihren Namen nicht richtig mitbekommen, könnten sie ihn freundlicherweise wiederholen?
Person 2 hat nicht bemerkt, daß sie sich offenbar verwählt hat und redet munter weiter 残暑厳しき折から、貴店ますますご発展のこととお慶び申し上げます。日頃は格別のお引き立てをいただき、ありがたく御礼申し上げます。
Person 1 langsam argwöhnisch Äh… Ich glaube, Sie sind hier nicht so ganz richtig – sprechen Sie denn kein Deutsch?
Person 2 munter fort wie ein Wasserfall 秋暑厳しき候、貴社ますますご盛栄のこととお慶び申し上げます。平素は当店を御利用いただき御厚情のほど、心より御礼申し上げます。
Person 1 wird allmählich wütend Herrgott, das ist ja zum Verrücktwerden! Mir bluten gleich die Ohren! Was soll das denn? Ich muß mir so was ja wohl nicht anhören!
Person 2 kommt langsam ein wenig außer Atem, da sie schon sehr viel geredet hat, ohne auch nur einmal Luft zu holen 暮夏の候、貴社いよいよご清祥のこととお慶び申し上げます。毎度格別のお引き立てを賜り、厚く御礼申し上げます。
Person 1 läuft rot an und fängt an zu zittern, brüllt SIE HABEN SICH VERWÄHLT!!! LASSEN SIE MICH IN RUHE!!!
Person 2 bemerkt ihren Irrtum 末筆ながらご一同様にくれぐれもよろしく申し上げてください。legt auf
Person 1 hat sich wieder ein wenig beruhigt, starrt aber wie irre auf das Telefon Morgen zieh’ ich dir den Stecker raus!

Samstag, 30. Oktober 2010

Lüsterne Musikanten in Maastricht


Bleibt beim Chemieunterricht der Oberstufe mal wieder Farbe und Polyurethan übrig, kann man damit immer noch preisgünstig niederländische Innenstädte mit kunstvollen Werken beglücken.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Toxische Anthropophagie

Ich habe schon öfters anläßlich mehr oder minder lustiger Begebenheiten Zeichnungen angefertigt, wobei ich jedes Mal aufs Neue bewies, daß ich dazu über keinerlei Talent verfüge. Schlimm dies; ich könnte ganze Bücher mit lusti­gen Zeichnungen vollmalen, aber mir fehlt es eben an der Gabe, schön zu zeich­nen. Ich habe in der Schule mit zunehmendem Alter den Kunst­unter­richt immer mehr verabscheut. Abgründe des Neides taten sich in mir auf, wenn ich die Kunst­werke meiner Mitschüler sah und sie mit mei­nem Gekrakel verglich. Ein­mal töpferten wir, und alle bekamen etwas halb­wegs Hübsches hin, nur mein Töpfchen kam verschrumpelt und windschief aus dem Ofen. Ein Schrumpftopf eben, die keramische Entsprechung eines menschlichen Kopfes, der bei anthro­pophagen Natur­völkern üblen Pro­zedu­ren unterzogen wurde.

Zu ekligen Leichnamen fällt mir noch ein Spinnennetz ein, das ich kürz­lich via Staub­sau­ger entfernte. In diesem hing eine tote Fliege, die mich mit riesigen Augen an einem leerge­lutschten Körper klagend ansah, als hätte sie sagen wollen: „Konn­test du das Netz nicht vor­her fortnehmen, dann lebte ich noch!“ Ich aber hätte entgegnet: „Nein, konnte ich nicht, erstens habe ich das Netz bis vorhin noch nicht gesehen, und zweitens habe ich lieber Spinnen als nervtö­tendes Fliegengedöns in mei­nen vier Wänden!“ Und schmunzelnd besei­tigte ich ihre sterbliche Hülle.

Überhaupt ist es eine unangenehme Eigenschaft der Insekten, daß sie ei­nen so unverschämt anstarren, was wohl auch daran liegt, daß sie nicht im Besitze von Augenlidern sind. Vor allem Schwebfliegen, die sich wie Wes­pen maskieren, aber völlig stachelfrei und somit harmlos sind, gelten für eine Dame aus meiner Verwandt­schaft als Spanner der Tierwelt. Ich kann nicht umhin, diese Idee an- sprechend zu finden, denn irgendwie fühle auch ich mich ein wenig von ihnen belästigt, wenn sie mit ihren großen Sehorganen für ei­nige Sekunden in die Öffnun­gen von Klei­dungs­­stücken lugen. Wie auf ein Stichwort hin werde ich gerade beim Schreiben dieser Worte von ei­ner neu­gieri­gen Wespe umschwirrt – so, fort mit ihr! Ich verstehe Leute nicht, die sporn­streichs schrei­end die Flucht ergreifen, sobald sie eines stechfähigen Insektes an­sich­tig werden. Aber man muß ja nicht unbe­dingt anderer Leute Ängste sich auserwählen, um nicht zu verstehen. Es genügt völlig, die enigmatische Überschrift dieses Textes zu lesen und sich zu fragen, in welchem Zusammen­hange sie mit dem, was sie überschreibt, steht.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Berliner Weiße mit Schwips


Daß alkoholische Getränke die Sinne vernebeln, ist allgemein bekannt. Erst neueren medizinischen Forschungen hingegen ist die Erkenntnis zu verdanken, daß auch die Herstellung von Behältnissen für Alkoholika bisweilen unerwünschte Folgen haben kann. Als anschauliches Beispiel diene diese Abbildung eines beschwipsten Weißbierglases.

Donnerstag, 23. September 2010

Während der Urlaubsreise

Eine Familie befindet sich auf der Fahrt zu ihrem Urlaubsorte in Südfrankreich. Um die Maut zu sparen, fährt sie auf kurvigen Landstraßen zum Ziele. Am Steuer sitzt der vierzigjährige Vater, die etwa gleichaltrige Mutter sitzt dösend auf dem Beifahrersitze, die zehnjährige Tochter hat bis jetzt geschlafen.

Tochter Wo sind wir jetzt?
Vater Keine Ahnung.
Tochter Wann sind wir da?
Vater Weiß ich nicht.
Tochter Wie weit ist es denn noch?
Vater Woher soll ich das wissen?
Tochter Weshalb ...
Vater Jetzt gib doch endlich Ruhe!
Mutter Sei doch nicht so grob zu deiner Tochter!
Tochter Ich hab Durst.
Mutter Wir sollten einmal eine Pause machen.
Vater Damit wir erst übermorgen ankommen, oder was?
Mutter Ich habe auch nicht davon geredet, daß wir auf einem Parkplatz übernachten sollen.
Tochter Ich hab Durst!
Vater Aber wie ich euch kenne, wandert ihr wieder stundenlang in der Gegend herum und könnt euch vor lauter „Oh!“ und „Ah!“ nicht mehr einkriegen!
Mutter Wir sind ja auch im Urlaub. Um mich abzuhetzen, kann ich auch in den Supermarkt gehen!
Vater Oder ihr lauft wieder stur der Nase nach irgendwohin, und dann muß ich euch wieder einsammeln, weil ihr nicht mehr zurückfindet.
Mutter Das ist doch schon Jahre her. Außerdem...
Tochter He, ich hab Durst!
Vater Dann trink doch was!
Tochter Aber meine Limoflasche ist im Rucksack!
Vater Dann hol sie dir raus! Oder soll Mutti dich wieder von vorn bis hinten bedienen?
Tochter Der Rucksack ist aber im Kofferraum!
Mutter Du hättest dir ja wohl denken können, daß du ihn während der Fahrt einmal brauchst.
Tochter Ich wollte ihn ja auch mit auf den Rücksitz nehmen, aber Papa hat gesagt, Gepäck gehört in den Kofferraum und nicht nach vorne.
Vater So, bin ich wieder alles schuld? Das ist mal wieder typisch!
Mutter Mein Gott, dann halt doch einfach mal auf dem nächsten Parkplatz an. Ich habe ja bereits gesagt, daß wir eine Pause ...
Vater So, habt ihr euch abgesprochen, oder was?
Tochter Meine Beine sind eingeschlafen.
Vater Dann bewege sie doch!
Tochter Und wenn ich aus Versehen gegen die Polster komme, schimpfst du schon wieder!
Vater Du sollst da hinten ja auch nicht das Funkenmariechen spielen!
Tochter Mir ist heiß!
Vater Dann denk an Pinguine!
Tochter Ich brauche frische Luft!
Vater Komm ja nicht auf den Gedanken, das Fenster wieder bis zum Anschlag herunterzukurbeln. Letztes Jahr warst du zwei Wochen erkältet und hast uns den ganzen Urlaub versaut!
Mutter Karl! Pflanz dem Kind doch keine Schuldgefühle ein!
Vater Ist doch wahr!
Tochter Außerdem war das vom Schwimmen, weil der Wind so stark war! Ich hab immer noch Durst, mir ist heiß, und mein Bein kribbelt immer noch!
Vater Jetzt raube mir nicht noch den letzten Nerv!
Mutter Dann halt doch endlich mal an! Wir haben drei Wochen Urlaub vor uns! Da machen ein paar lächerliche Minuten doch nun wirklich nichts!
Vater Einmal möchte ich erleben, daß ihr nicht dauernd Streit anfangt! Wenn wir ankommen, könnt ihr noch lange genug faulenzen!
Tochter Ich glaub, ich muß mal!
Mutter Tja, ich glaube, da mußt du wohl in die Hose machen.

Vater möchte gerade antworten, als plötzlich unter der Motorhaube Dampf hervortritt. Vater blickt auf die Temperaturanzeige des Kühlwassers, bremst den Wagen ab und hält gezwungenermaßen am Fahrbahnrand, da er keinen Motorschaden riskieren möchte.

Freitag, 10. September 2010

Kihlaus und finnische Vermählungsbräuche

Wo lecker Lakka locket
und Joukahainen bocket,
wo Götter kleine Jungens quälen
(und Menschen sich mit Joiks erzählen),
wo die Sümpfe abwärts ziehen,
mag man nicht vor Schlauheit sprühen,
wo Schlitten nicht und Goldgeschmeide
Väinämöinens Augenweide
und wo nur Schwesterherzchens Leib
dem Bruder sichert dem Verbleib
auf dem tristen Erdenrund,
wird es erst zur Hochzeit bunt:
Dort, so will’s die Förmlichkeit,
wirft Flaschen man voll Geistlichkeit;
befleckt die Braut schon vor der Nacht
mit Likören (selbstgemacht)…

Montag, 30. August 2010

Szenen einer Ehe. Teil 4:

Phobos

Kunigund, ich kenne sie,
hat eine schwache Stelle:
Lurchgetier auf ihrem Knie
entlocken Schreie grelle.

Die Fröschlein grün aus unserm Teich
nutz ich für meine Zwecke.
Oh, wie wirst du schreien gleich,
wenn ich dich dann entdecke!

Von Fröschen ist sie nun umspült
vom Kopf bis an die Senkel.
Doch nun im Giftvorrat sie wühlt,
zu töten das Geplänkel!

Die Fröscheschar am Gift verreckt,
die Garstge siehts mit Freuden.
Die Luft nun Verwesung schmeckt!
Doch sie muß nicht mehr leiden.

Jetzt tritt sie mir auf Wad und Bein
Flecken grün und blau!
Kunigunde ist gemein
und – schlimmer! – meine Frau!

Dienstag, 24. August 2010

Weltanschauung und modernes Berufsleben im Widerspruche

Religionsfreiheit in Ehren, aber dieser weibliche muslimische Computermonitor sollte seine Berufswahl vielleicht noch einmal überdenken.

Donnerstag, 19. August 2010

Alleine schlafen fördert die Wohnungsnot!

Auch mißlungene Fotografien bedürfen des Beachtetwerdens und des liebevol­len Betätschelns, sonst werden sie depressiv und altern vorzeitig. Unverschämt fand ich zu Zeiten der Analogfotografie die Zensur durch die Entwickler; sie glaubten biswei­len, entscheiden zu können, welche Fotos gelungen sind und welche nicht und sortierten einfach aus. Entsetzt griff man nach den Negativen, und be­merkte zähneknirschend, daß man eigentlich noch vier oder fünf interessante Bil­der hätte bekommen müssen, aber nein, die Damen und Herren Entwicklungsfritzen mußten ja alles besser wissen. Konnten sie denn überhaupt sicher sein, daß „mißra­tene“ Aufnahmen nicht gewollt waren? Wenn es mir beliebte, ein schwarzes Quadrat auf schwarzem Hintergrunde bei ausge­schaltetem Lichte und ebensowenig betätigtem Blitze zu portraitieren, so war das mein Bier. Viele Augenblicke bitteren Grames verdanke ich solchen Ignoranten! Dazu fällt mir ein kleiner Reim ein, den ich auf ei­nem Flugblatte oder so et­was Ähnlichem aus dem neunzehnten Jahrhundert ent­deckte: „Süße heilige Zensur, / Laß uns gehen auf deiner Spur; / Leite uns an dei­ner Hand, / Kin­dern gleich, am Gängelband“.

Bereits in der Überschrift merkte ich an, daß das alleinige Bewohnen sei­ner Behau­sung zum Entstehen der Wohnungsnot beiträgt. Aber es muß nicht immer pure Un­geselligkeit sein, die Alleinstehende auch Allein­schla­fende sein läßt! Manch einer pflegt ein platzraubendes Hobby oder braucht aus beruflichen Grün­den für andere Dinge als eventuelle Lebens­abschnitts­partner (ein ekelhaftes Wort für eine gräßliche Lebenseinstel­lung) den Raum in der Wohnung. Legt man sich bei­spielsweise die komplette Enzyklopädie der Klassischen Alter­tums­wis­senschaft zu, das aus über achtzig Bänden besteht, so ist das Wohn­zimmer schon ge­füllt. Ich mußte mir die Anschaffung daher versa­gen und griff zur eingeschrumpf­ten, fünfbändigen Kurzversion. Etwas zy­nisch finde ich die Anmer­kung in dem Vorworte dieses Werkes, das sich als Ersatz anbietet für den vorgenannten Achtzigteiler bei solchen Leuten, denen sich dessen Anschaf­fung aus „räumlichen oder zeitlichen Grün­den“ verbietet. Aus zeitlichen?!? Gut, als die ersten Bände erschienen, schrieb man noch Alterthum und Litteratur, so daß Abonnenten der ersten Stunde wohl kaum das Erscheinen der letzten Supple­mentbände erlebt ha­ben dürften, aber jetzt ist das Werk ja komplett. Viel­leicht ist das auch nur eine seltsam chiffrierte Sprache, die andeuten soll, daß man gar nicht genug Zeit mit Arbeiten verbringen kann, um den gan­zen Kram zu fi­nanzieren, denn billig sind die Bände weißgott nicht – klassische Philologen sowie sonstige Altertumswissenschaftler gehören eher zu den Gering- und Wennü­ber­haupt­verdienern unter den Gelehrten. Wenn man die ganze Pracht dann doch finanzieren kann und endlich den letzten Band in Händen hält, muß man die ersten schon wieder zum Restaurator geben, da es sich um Kamikaze­pa­pier mit Selbstzer­störungs­funktion handelt. Ich will nicht wissen, wie viel so ein Schinken dann für die Restauration verschlingt, ich glaube jedoch, die Rechnungen lassen den Besitzer ebenso chlorfrei erbleichen wie der Papierhersteller zuvor den Zellstoff.

Der Kauf dieses alten Le­xikons lohnt sich ohnehin nicht mehr, denn es wird be­reits ein neues herausgegeben. Je­doch wäre von dem sogenannten „Neuen Pauly“ um ein Haar die erste Auflage des ersten Bandes komplett eingestampft werden, da sich ein Scherzbold einen Artikel über altgriechischen Fußball – Ἀποπουδοβαλία ge­nannt – erlaubte, der dann sogar das Lektorat unbesehen überstand. Gelehrte sind leider in dieser Hinsicht häufig nicht sehr humorvoll, und den ar­men Schelm wäre das beinahe teuer zu stehen gekommen. Dabei ist ein solcher Scherzartikel im Wort­sinne durchaus geeignet, even­tuelle Nachahmer auffliegen zu lassen. So druckt beispielsweise der „Pschy­rembel“, das klinische Wörterbuch, seit 1983 einen Artikel über die „Petro­phaga lorioti“, vulgo Steinlaus, die angeb­lich eine große Gefahr für Bauten aus Stein und Beton darstellte. Hat man aber je gehört, daß eine komplette Pschyrembel-Auflage dieses offensichtli­chen Unsin­nes wegen und auf An­raten irgendwelcher verbohrter Medizinzau­sel einge­stampft wurde? Was mich hingegen durchaus stört, sind die blöden „Er­rata“ Anmerkungen am Ende etlicher Lexika, die bis heute die kostbaren Werke verunstalten. Es dürfte doch itzund kein Problem mehr sein, aufge­tretene Fehler noch vor dem Drucke zu korrigieren, doch da bleibt man konservativ und setzt hinten noch einen ganzen Wust an „Addenda et Corrigenda“ dran. Nicht nur un­begleitetes Schlafen, auch unprakti­sche Bücher, die mit Druckmetho­den von vor über hundert Jah­ren in den Satz gingen und dadurch über Gebühr aufge­bläht wurden, fördern so den Notstand an Wohn­raum!

Donnerstag, 12. August 2010

Lapsus sum

Warum gibts kein Schild zum Warnen
vor den Schalen von Bananen?
Ihr Inneres macht zwar begehrlich,
doch sind sie außen sehr gefährlich!
Tritt man aus Versehen drauf,
gibts Knochenbrüche dann zuhauf,
da hin man fällt mit großem Schwung.
Labi — labor — lapsus sum!

Mittwoch, 11. August 2010

Zur falschen Zeit am richtigen Ort



Foto: A.Ohlig
Die Dame links im Bilde sucht wohl gerade etwas in ihrer viel zu großen Handtasche, die sie wohl mit leeren Zigarettenschachteln, verwesendem Obste, vollgerotzten Taschentüchern, Lippenstiften, Schlüsseln aller Herren Schlösser, diversen Modezeitschriften, Plastiksprudelflaschen „con gas“ sowie einem Feuerzeuge „senza gas“ angefüllt hat. Die Dame im Vordergrunde stört das nicht; die ist damit beschäftigt, eine Urlaubsfotografie zu ruinieren, was die Dame dahinter (nicht zu sehen) erbost.

Dienstag, 10. August 2010

Im Taxi

Der Ort des Geschehens ist eine Großstadt zur abendlichen Hauptverkehrs­zeit. Unter den Blechkarossen mit heimkehrenden Berufspendlern ist ein Taxi. Der Fahrer hat eine etwa fünfzigjährige Dame an Bord, die, mit allerhand Ge­päck im Kofferraume, zum Bahnhofe gefahren werden möchte. Der Fahrer ist, nicht zuletzt des behindernden Verkehrsaufkommens wegen, sehr gereizt.

Fahrer So, da wären wir. Macht zwölf Mark achtzig.
Dame Was – soviel? Für die paar Meter?
Fahrer Bei dem Verkehr geht das nach Zeit, nicht nach Strecke!
Dame Ja, ja, Sie wissen schon, wie Sie einem das Geld aus der Tasche zie­hen können!
Fahrer Bislang haben Sie ja noch nichts herausgerückt!
Dame Wie? Ach so, ja ... Bitte sehr. Ich hoffe, sie können auf zwanzig Mark wechseln.
Fahrer Selbstverständlich, gnä’ Frau.
Dame Und eine Quittung, bitte.
Fahrer Bitte eine Quittung!
Dame Wie bitte?
Fahrer Es heißt bitte eine Quittung!
Dame Sehr wohl!
Fahrer Das „Bitte“ müssen wir wohl dann noch ein wenig üben!
Dame Was erlauben Sie sich denn? Ich habe doch bitte gesagt!
Fahrer Das hätte ich ja wohl gehört!
Dame Offensichtlich aber nicht!
Fahrer Sie wollen doch wohl nicht behaupten, daß ich einen Gehörschaden habe?
Dame Auf jeden Fall sind Sie die Unverschämtheit in Person! Aufgrund eines lächerlichen „Bittes“, welches Sie lediglich überhörten, ein sol­ches Theater zu veranstalten, grenzt ja wohl schon an Lächerlich­keit!
Fahrer Sie behaupten, ich sei lächerlich!
Dame Ach, halten Sie doch den Mund! Mit Ihnen streite ich mich doch nicht!
Fahrer Aha, bin ich also unter Ihrer Würde? Sie kennen wohl Artikel eins des Grundgesetzes nicht?
Dame Jetzt fängt der auch noch mit Juristerei an...
Fahrer „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Genau so steht es geschrie­ben!
Dame Reden Sie doch nicht so einen Quatsch! Nur weil sie einen Gehör- und offensichtlich auch noch einen gehörigen Dachschaden haben ...
Fahrer Zwingen Sie mich nicht dazu, Sie unsanft aus meinem Wagen zu befördern!
Dame Sparen Sie sich Ihre Kräfte lieber dafür, meine Koffer aus dem Wa­gen zu nehmen.
Fahrer Nachdem Sie mich so beleidigt haben, können Sie Ihrem Krempel allein da rausholen!
Dame Sie unverschämter Flegel! Das werde ich mir keine Minute länger mehr anhören!

Die Dame verläßt den Wagen und beeilt sich, ihr Gepäck aus dem Kofferraum des Wagens zu entfernen. Eiligen Schrittes geht sie dann zum Bahnhofsgebäude. Der Fahrer blickt ihr grinsend nach und steckt die sieben Mark zwanzig Wechsel­geld, von der Frau im Eifer des Wortgefechtes schlicht vergessen, wieder ein.

Montag, 9. August 2010

Ungeschriebene Frauengesetze


Foto: M. Reuter
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, daß Frauen immer zu mehreren auf die Toilette gehen müssen, und schon in der Schule wird dieses Verhalten gefestigt. Die Damengruppe links der Türe beratschlagt noch über die Gruppeneinteilung.

Freitag, 6. August 2010

Naseweise Bemerkungen über eine Ausdruckweise, die weniger Eloquenten die Zornesröte ins Gesicht treiben möge

Ich möchte mich heute an dieser Stelle selbst einer unangenehmen Eigen­heit meiner Person bezichtigen, nämlich der Besserwisserei, Neunmalklug­heit, Alles­wisse­rei, Rechthaberei, Gschaftlhuberei. Ich weiß nicht, ob sie da­her her­rührt, daß ich schreibe, und zwar nicht für eine große Zeitung mit vier Buchsta­ben (oder war es die Zeitung mit den vier großen Buchstaben?), sondern um mei­nem Geiste und meinen Fingern ein wenig Bewe­gung zukommen zu lassen. Mitun­ter gilt meine Ausdrucksweise für ein wenig verschroben, wo sie nicht gar antik anzumuten sei, so daß etlich un­geübtes Lesevolk entnervt meine Geistesfrucht in den Papierkorb zu befördern droht, auf daß es sie nicht mehr lesen müssen möge. Was den heu­tigen Griechen der Gegensatz zwischen Δημοτική und Κα­θα­ρεύουσα, ist mir der Antagonismus alltäglichen Deutschs und meiner wunderlichen Sprache. Nun möge man aber nicht vermuten, ich redete gar genau so, wie ich schreibe, das ist selbstverständlich nicht der Fall; vielmehr wissen die, die mich kennen, daß ich mir eher selten Fusseln an den Mund referiere. Ich lasse lieber re­den, das inspiriert mehr. Aber es wäre doch auch ein schauerlicher Kasus, schriebe ich gar, wie mir der Schnabel gewachsen.

Moselfränkische Indifferenz den feinen Unterschied zwischen „sch“ und wei­chem „ch“ betreffend ist jedermanns Sache nicht und daß in dem Wort­schatze meiner Heimat die Worte „als“ und „nehmen“ nicht existieren, son­dern wir im­mer „wie“ und „holen“ sagen, stößt etlichen, die derlei nicht ge­wohnt sind, auch übel auf. Damit könnte ich vielleicht den örtlichen Fastnachtsverein beglücken, aber im Münsterlande verstünde mich schon kaum noch jemand – und, was mich noch schlimmer dünkt, der dächte dann am Ende, daß da etwas Köl­sches aus meinem Munde quölle! Welch ein garstiger Gedanke! Nein, da bleibe ich lieber bei mei­nem hochgeschraubten Deutsch und würze es mit dem antiquarischem Wortschatze, der sich beizeiten in meinem Bregen niederließ, da ich mit Latein und Alt­griechisch gequält wurde, besser gesagt quälte ich mich selbst. Und jetzt bin ich so frei, andere mit meinem Ausdrucke zu martern. So habe ich mir angewöhnt, Ge­ni­tive und Dative meist voll auszuschreiben, also auf -es und -e enden zu las­sen, weshalb mir seitens einer Universitätsdozentin schon altprofessorale Allü­ren unterstellt wurden.

In der Schule wurde uns beigebracht, „tun“ sei kein Tuwort und wäre im Schrift­ge­brauche zu unterbinden; ich jedoch finde das wie eine Epidemie um sich grei­fende „machen“ noch viel schlimmer, weshalb ich es tunlichst ver­meide. Doch nun will ich eine Ausnahme machen, womit ich mit dem soeben Ge­schriebenen begonnen habe. Wie stumpfsinnig läse es sich, wenn ich alle Naselang mit „ma­chen“ ankäme: „Ich mache Texte“ – das klingt, als ob ich da mit einer Schere die Buchstaben ausschnitte und sie zu einem Wortsalate verarbeitete, ich schreibe lieber Texte. (Da fällt mir der griechische Ausdruck des „λογοποιός“ ein, welcher wörtlich übersetzt „Wortmacher“ heißt. Aber in der Antike hat man sowieso fast nur rhetorische Werke mit dem Blicke aufs Publikum zusammengeschustert.) Ferner mache ich auch keinen Urlaub oder Ferien, ich urlaube oder habe Ferien. Wenn mir etwas nichts ausmacht, ist es mir gleich. Macht etwas keinen Sinn, so hat es keinen und wird auch nie einen ergeben. Wer Türen auf- und zumacht, öffnet und schließt sie. Und wer in der Zeit da­zwischen saubermacht, der putzt, wäscht oder reinigt. Einen Rechner macht man nicht an oder aus, man schaltet ihn ein und schal­tet ihn aus. („Die Gefühle müssen raus!“) Es gibt so viele Tätigkei­ten, die durch das erbärmliche „machen“ geradezu entmenscht werden: „Machst du noch die Frau Müller?“ hieß es etwa in meiner Zeit als Aushilfskraft in der Altenpflege. Wie soll ich einen Menschen machen? Bin ich der Schöpfer­gott und in der Lage, aus Asche und Staub einen atmenden, fühlenden Men­schen zu gestalten, ihm den Odem des Lebens einzuhauchen?

Nein, das bin ich nicht, und deshalb bevorzugte ich die deutlichere Ausdrucksweise, in­dem ich ant­wortete: „Ja, ich wasche sie. Ja, ich gehe mit ihr zur Toilette. Ja, ich bringe sie ins Bett.“ usw. usf.

Einen weiteren scheußlichen Ausdruck vermittels „machen“ fand ich in Jacques Berndorfs Kriminalroman „Eifel-Filz“: „Ein Mann sollte ein Kind ma­chen, einen Baum pflanzen und eine arbeits­lose Soziologin be­schäf­tigen.“ Wir neh­men also einen Klumpen Lehm und ma­chen einen Nach­kommen daraus – welch verruchte Vor­stel­lung! Wobei ich dem Re­ste der Bemerkung uneinge­schränkt zu­stimme.

Ferner ist es für die Erstellung des Schrifttumes natür­lich auch sehr viel befreien­der, daß man nicht, wie in der Schulzeit oder auch als Beamter, an ir­gendwelche Recht­schreib­­regelungen ge­bunden ist, so daß ich, im Zuge der Verkür­zungs­möglichkeit, lieber nach alter Väter Sitte ß statt ss schreibe. Über­haupt muß man unseren deutschen Nationalbuch­staben ehren und vor allem nut­zen, denn keine andere Sprache der Welt hat un­ser ß, nicht einmal unser na­her Verwandter Luxemburgisch. A, ö und ü müssen wir ja noch mit anderen Spra­chen teilen, aber das ß bleibt uns al­lein.

So, jetzt aber genug der Lobpreisung, sonst quillt der nur als Minuskel existente Buchstabe gar noch zur Majuskel auf, und das will ich nicht verschul­den. Wenden wir uns lieber einer Frage von existentieller Wichtigkeit zu: Welche Be­deutung hat der Energieerhaltungssatz für das Leben nach dem Tode?

Mittwoch, 4. August 2010

Ultima Ratio

Aggressiven Kanistern ist in letzter Instanz nur noch durch das Anlegen einer stabilen Kette beizukommen.

Samstag, 24. Juli 2010

Szenen einer Ehe. Teil 3:

Clivia

Ich träumt’, die Kunigunde
hätte mich geküßt
und ich aus diesem Grunde
leider sterben müßt’.

Ich wachte auf mit Schrecken,
beendet war der Traum.
Ich wollte mich verstecken,
so ging ich aus dem Raum.

Ich ging zum Fenster, spannte
die Arm wie Flügel aus;
doch Kunigunde rannte
mir nach, zur Tür hinaus.

Am Fenster sie mich sah,
sogleich schrie sie sehr grell.
In Tränen sprach ich: „Clivia!“
Still wurd’ sie ganz schnell.

Bis heute weiß sie nicht,
was dieses Wort bedeutet,
und Tränen zieren mein Gesicht,
wenn „Clivia“ sich häutet.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Rechtschreibung anno 2222

vîă vârĕn reformă vî äkstĕ im valdĕ
veătlôzĕs tsoük kâm daŋk uns auf dî haldĕ
kain hâ virt mêă dênĕn unt tôt zai das ïot
unt gêgĕn das kû plântĕn vîă ain komplot
das vê ïetst in kainĕm deă bűcă mêă štêt,
vîă tsaigtĕn oüc auç vî es ônĕ iks gêt
estset mus nûn gêĕn unt auç üpsilon
maïuskĕln zint läŋstĕns geštorbĕn šôn
vîă zetstĕn dêă bűcă nivô tîf herap
unt šubstĕn dî intăpuŋktsïôn in îă grâp
egâl ist ästêtik egâl ist kultûă
iêdă zol rictik ïetst šraibĕn nûă
mœgĕn dî vaisĕn auç klâgĕnt noç drœnĕn
vîă visĕn man virt zic an alĕs gevœnĕn

Montag, 19. Juli 2010

Die kleinen Dinge des Lebens…

Jeder richtet seine Augen auf den Karnevalszug, nur das Kind hinten links läßt sich von einem davonhüpfenden Frosche ablenken.

Freitag, 16. Juli 2010

In der Straßenbahn

Der Ort der Handlung ist eine Straßenbahn in einer Großstadt. Sämtliche Plätze sind besetzt, das Augenmerk richtet sich jedoch nur auf zwei: Der erste wird von einem Manne mittleren Alters besetzt, welchem anzusehen ist, daß er auf sein Äußeres sehr viel Wert legt, obgleich er damit sein Älterwerden nicht verhindern kann: Erste graue Strähnen sind in seinem leicht schütteren, braunen Haare zu erkennen. Bekleidet ist der Mann mit anthrazitgrauem Hute, gleichfarbigem Mantel und Hose und schwarzen Straßenschuhen. Am Mantel sind ein weißer Hemdkragen zu entdecken sowie eine schwarze Krawatte. Auf seinem Schoße ruht ein schwarzer Aktenkoffer.
Der zweite Platz wird von einem jungen Manne, etwa fünfundzwanzig Jahre alt, wahrscheinlich Student, eingenommen. Seine Haare sind, recht mißlungen, rot gefärbt; ein blonder Ansatz läßt sich erkennen. Ferner trägt der Hochschüler eine zerrissene blaue Jeanshose, ein rot-schwarz-kariertes Hemd und grüne Schuhe. Außerdem steht ein kleiner schwarzer Rucksack zwischen seinen Beinen.
Die Straßenbahn hält. Eine ältere Dame steigt ein; sie ist vielleicht siebzig Jahre alt, hat weiße Haare und ist mit einem hellgrauen Mantel, einer altrosa Bluse und einem gleichfarbigen Rocke und beigefarbenen Schuhen bekleidet. In der rechten Hand hält sie eine altmodische cremefarbene Handtasche.

Herr Setzen Sie sich doch, gnädige Frau!
Ältere Dame Danke, sehr freundlich von Ihnen!
Herr Nichts zu danken, man hat schließlich Erziehung!
Student Aber – bleiben Sie doch sitzen, mein Herr! Ich werde meinen Platz räumen!
Ältere Dame Wirklich sehr zuvorkommend von Ihnen, junger Mann!
Herr Einen Moment, bitte! Wenn ich mich recht entsinne, habe ich Ihnen zuerst einen Platz angeboten. Ich darf Sie also bitten, von meinem Angebote sofort Gebrauch zu machen.
Ältere Dame Aber ...
Herr Ich bestehe darauf! Setzen Sie sich auf meinen Platz! Ich bin doch wahrhaftig nicht so gebrechlich, daß ich nicht mehr stehen kann! Ha – das wäre doch gelacht! Ich und altersschwach!
Student Aber das hat doch niemand behauptet!
Herr Sie haben es nur nicht gesagt! Aber ich sehe es Ihnen doch an, was Sie denken: Ich sei ein wackeliges Klappergestell, ein potentieller Pflegefall!
Ältere Dame Übertreiben Sie nicht ein wenig?
Herr Übertreiben? Ich weiß doch genau, wenn mich jemand verspotten will! Aber ich lasse mich doch nicht von so einem dahergelaufenen Lümmel beleidigen!
Student In welcher Weise sollte ich Sie denn beleidigt haben?
Herr Dies legte ich Ihnen doch soeben dar: Sie haben mich mit verwerflichen Gedanken diffamiert!
Student Woher wollen Sie denn wissen, was ich gedacht habe? Sind Sie etwa Hellseher?
Herr Wollen Sie mir nun auch noch vorwerfen, ich sei töricht – dement gar? Es wird ja immer schöner! Da fährt man ahnungslos in der Straßenbahn und wird aufs Empfindlichste gekränkt – sind Sie etwa auch einer von denen, die mir meine hart erarbeitete Rente nicht gönnen? Soll ich in zehn Jahren etwa am Hungertuche nagen?
Student Was faselt der?
Ältere Dame Also, etwas ist wirklich dran an dem, was er sagt...
Student Aber ich habe Ihnen doch bloß meinen Platz angeboten, damit er sitzen bleiben kann. Ich muß ohnehin an der nächsten Haltestelle aussteigen. Was ist daran Beleidigendes?
Herr Ha, so denken Sie also! Dachte ich es mir doch gleich: Gebt dem senilen Greisenvolke das, was ich selbst nicht mehr brauche – materieller Abfall ist gerade gut genug für menschlichen Abfall! Schöne Ethik ist das! Da überkommt einen ja der Ekel!
Ältere Dame So sehe ich das allerdings auch! Es ist doch ungleich leichter, etwas wegzugeben, was ich nicht mehr benötige, als etwas, was mir vielleicht lieb und teuer ist und wofür ich hart arbeiten mußte!
Student Ein Sitzplatz in einer Straßenbahn?
Herr Pah! Damit fängt es doch an! Das steigert sich doch. Letztlich werdet ihr uns die Butter auf dem Brot nicht mehr gönnen – ach was, nicht einmal das Brot mehr, elendes Egoistenpack!
Ältere Dame Das stimmt allerdings! Die da oben erhöhen ihre Diäten in zweistelliger Höhe, und wir Rentner müssen uns jede Nachkommastelle hinter einer lachhaften Null einzeln erkämpfen! Wie soll das bloß noch enden? Müssen wir dann von Brosamen der Wohltätigkeitsvereine leben? Da muß man sich ja wie ein Aussätziger vorkommen!
Student Aber was hat das denn alles mit einem Sitzplatz in der Straßenbahn zu tun?
Herr Was geht Sie das an? Das verstehen Sie ohnehin nicht! Sie sollten sich vielmehr bei mir entschuldigen!
Student Aber wofür denn, zum Donnerwetter?
Ältere Dame Werden Sie doch nicht gleich schroff, junger Mann! Es ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit, daß man sich für seine Kränkungen entschuldigt!
Student Wenn ich wüßte, was ich zu entschuldigen hätte ...
Herr Ich sage es ja immer: Keinerlei Schuldbewußtsein hat die Jugend von heute mehr! Damals, als ich noch jung war, hätte es das nicht gegeben! Damals hätte man...
Student Wen interessiert das denn?
Herr Unterstellen Sie mir jetzt auch noch, daß ich sinnloses Zeug rede? Es treibt einem fürwahr die Zornesröte in das Gesicht, wenn man Ihre Beleidigungen, die Sie in dieser kurzen Zeit...
Student Aber ich habe Sie doch nicht beleidigt! Es ging doch nur darum, daß ich der Dame meinen Platz anbot...
Herr ... und Sie mir Altersschwäche, Schwachsinn und Unbedarftheit vorwarfen!
Student Mit keinem Wort! Aus heiterem Himmel klagten Sie mich an, Sie beleidigt zu haben, obwohl ich nichts über oder gegen Sie geäußert habe!
Herr Ein Lügner bin ich also auch noch! Das setzt allem noch die Krone auf! Warten Sie, wenn ich...
Student Endlich! Meine Haltestelle! Muß ich mir das dämliche Gefasel von dem nicht mehr länger anhören!

Die Straßenbahn hält, und der Student steigt eiligen Schrittes aus.

Herr
Da flüchtet er, der Feigling! Das ist die moderne Erziehung, ich sage es ja immer! Hoffentlich begegne ich diesem Kerl nicht noch einmal! Ich glaube, wenn es hier nicht so voll wäre, wäre er am Ende gar noch handgreiflich geworden – man weiß ja nie bei solchen Strolchen!
Ältere Dame Ja, es ist schwierig, in dieser Zeit alt zu werden! Man ist nirgends sicher, und die Jugend hat keinerlei Respekt mehr vor dem Alter. Erst neulich habe ich in der Zeitung gelesen, daß so ein paar Rabauken älteren Damen die Handtaschen geraubt haben – am hellichten Tag und mitten in der Stadt! Ich glaube, ich muß Ihnen danken, daß Sie diesen Grobian vertrieben haben!

Donnerstag, 15. Juli 2010

Nie ist es allen recht getan…

Hemd Harald I. versucht zwar gemeinsam mit Gattin Bluse Belinda III. ein gerechtes Regiment zu führen, jedoch ist seine Preispolitik wiederholt in die Kritik geraten.

Dienstag, 13. Juli 2010

Edgar-Wallace-Filme, die nie gedreht wurden. Fünfter Teil:


Ein unheimliche Mordserie erschüttert die britische Hauptstadt: Erst erhalten hochrangige Persönlichkeiten Fotografien ihrer selbst, die sie mit vom Blitzlicht geröteten Augen zeigen, um kurz darauf ermordet zu werden. Wer ist der offenbar irre Mörder? Und vor allem: Was ist sein Motiv? Fragen, die sich auch Scotland Yards bester Mann, Inspektor Hickup (Joachim Fuchsberger), stellt, bzw. die ihm von Sir John (Siegfried Schürenberg) gestellt werden. Da kommt die Hilfe der Berufsfotografin Anne Agfa (Barbara Rütting) gerade recht! Durch sie kommt der Inspektor auf die Spur eines seltsamen Kollegen Annes: Der höchst eigenwillige und jähzornige Jacob Idle (Klaus Kinski), der angesichts mißlungener Farbfotografien mit „Kaninchenaugen“ der Fotografierten Wutausbrüche bekommt und wüste Drohungen ausstößt. Ist er etwa der verrückte Mörder? Leider stellt sich diese Spur als falsch heraus, denn kurz darauf wird Idle ebenfalls ermordet – mit einer präparierten Kamera. Muß nun auch Anne um ihr Leben fürchten? Inspektor Hickup glaubt, mit ihrer Hilfe den Mörder in eine Falle locken zu können, doch da hat er nicht mit der Intelligenz seines Gegners gerechnet…

Montag, 12. Juli 2010

Zusammenhangslose Aufzählung verschiedener den Sommer betreffender Aspekte

Der Sommer kommt mit seinen Tücken:
schwere Hitze, stechend’ Mücken.
Die Sonne brennt die Haut uns rot –
hier unten schafft Ozon uns Not.
Statt drinnen schläft man gern im Frei’n –
doch ist man draußen nicht allein!
Wie eingangs oben schon erwähnt,
die Mücke jetzt nach Blut sich sehnt.
Auch sieh man zu, daß man nicht schlitter
in ein Sommernachtsgewitter!
Sonst wacht man auf im Morgenrot,
die Seele lebt, das Fleisch ist tot...

Ein Gutes gibts zur Sommerszeit
zur Mittagsstund im Süden weit:
Es ruht der Mensch, die Arbeit auch –
die Siesta ist ein feiner Brauch!
Touristen stöhnen in der Hitze,
der Heimische reißt drüber Witze.

Freitag, 9. Juli 2010

Über die Dummheit der Spinnen

In den Winkeln, in den Ecken,
wo sie sich so gern verstecken,
wo sie still ihr Dasein fristen
wo sie, wenn sie’s besser wüßten,
statt zu spinnen, statt zu weben
sinnvoll geudeten ihr Leben.
Doch weil sie stupide sind,
wie ein unverständig Kind,
spinnen sie, wo sie grad wohnen,
Fäden dünn aus dem Abdomen,
bis im fert’gen Netz sie hingen,
daß Beutetiere sich verfingen.
Aber ach! in jenen Ecken
will niemand je das Netz entdecken,
will kein Kerbtier sich verfangen
und zum Sterben darin hangen.
So müssen sie mit leerem Magen
einen neuen Anfang wagen.
Doch wird man sonst durch Schaden klug:
Den Spinnen ist’s noch nicht genug.
Sie ziehen weiter, ziehen fort
zum nächsten wohlverborgnen Ort
und harren weiter ohne Zagen –
erfolglos und mit leerem Magen.
Und eine Frage streift die Sinne:
Wovon lebt denn nun die Spinne?

Dienstag, 6. Juli 2010

Szenen einer Ehe. Teil 2:

Xanthippe

Ein Klingel hör ich schallen
in frühster Morgenstund;
wie still wars in den Hallen
auf kaltem, stein’gem Grund.

Ich stehe auf, bin fahl,
totenstill vor Frust.
Der Dusche Wasserstrahl
soll wecken Lebenslust.

Wie sieht zu dieser Stunde
die Welt so anders aus!
Schon kommt die Kunigunde –
welch Anblick, welch ein Graus!

Und eh ich mich erhoben,
den Kopf voll Schmerz und Weh,
hör Kunigund ich loben
sich selber in die Höh.

Wir rauschts mir in den Ohren!
Ich forme meine Lippe;
ich hab all Angst verloren
und sage laut: „Xanthippe!“

Montag, 5. Juli 2010

Romantik im Alltag

Bei romantischem Sonnenscheine erhält sogar ein solch prosaischer Vorgang wie die Zahnreinigung eine poetisch-verträumte Note.

Freitag, 2. Juli 2010

Luftbildfotografie für Flugängstliche

Der ehemalige Leiter der Landesbildstelle in Rheinland-Pfalz war ein passionierter Anhänger von Luftbildern, so daß er öfter auch selbst mit einem Helikopter durch heimische Lüfte flog und die Gegend fotografisch von oben festhielt. Eine preiswerte Alternative hierzu ist das Fotografieren eigener Haustiere aus der Herrchenperspektive. Allenfalls eine Leiter muß hierzu erklommen werden.

Donnerstag, 1. Juli 2010

Das gibt es nicht nur im Möbelhaus…

Daß dieser Bon auch eine Teilnahme an einer Stuhlprobe des Trierer Gesundheitsamtes beinhaltete, wurde aus unerklärlichen Gründen verschwiegen.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Zoo (Memoiren eines Affen)

Seit dreißig langen Jahren
sind wir hier im Zoo,
davor wir glücklich waren
fern im anderswo.

Schon dreißig Jahre gingen
langsam durch das Land,
seit uns die Jäger fingen
listig mit der Hand.

In Bäumen wir einst schwangen,
nun sind wir gewöhnt
an Holz- und Eisenstangen,
Fruchtfleisch uns entlöhnt.

So langsam gehn die Zeiten,
Tage, Monat, Jahr;
wir träumen von den Weiten,
wo die Heimat war.

Mit Staunen und mit Lachen
sehn Besucher drein,
wenn Luft der Sehnsucht machen
wir mit lautem Schrein.

Dienstag, 29. Juni 2010

Wie sollen wir später einkaufen, wenn wir keine Hexameter lesen können?

Eier und ein Kilo Mehl zu kaufen im Feinkostgeschäfte,
außerdem zwei Liter Milch und Flaschen der köstlichsten Säfte.
Speck und Salat in riesigen Mengen und Kekse für Feste;
reichen sie später zum Sekt, erfreuend die Freunde und Gäste.
Flocken von Hafer und auch die Würste fürs Brötchen am Morgen.
Sahne und Butter dazu – Hexameter helfen versorgen!

Montag, 28. Juni 2010

Schlechte Gewohnheiten nicht nur im Auslande

Es herrscht die Unsitte, daß gerne „vergessen“ wird, hoteleigene Handtücher, Bademäntel oder Waschlappen am Orte zu belassen. Eine viel beschämendere Unart ist indes, nicht für genügend Transportmöglichkeiten gesorgt zu haben.

Freitag, 25. Juni 2010

Über das Liebesleben der Pflastersteine

Es waren zwei Pflastersteine,
die hatten einander so lieb.
Sie waren getrennt und alleine,
das machte sie traurig und trüb.

Die Arbeiter kamen am Morgen,
verpflastert die Straße wurd neu.
Der erstere Stein war verstorben:
Man schlug ihn mit Hämmern entzwei.

Die restlichen Steine bald lagen
auf einem Transport-Lkw.
Welch Leid mußt der zweite Stein tragen,
sein Steinherz tat scheußlich ihm weh.

Er rollte sich bis an die Kante,
erblickte die schwindelnde Höh
und trübsinnig hier er entschwandte,
noch hauchend ein letztes „Adieu“.

Donnerstag, 24. Juni 2010

Wenn man in Vorlesungen zu faul ist, sich alles aufzuschreiben. Teil 8:


Heiliges Huhn bei Audienz

Für in römischer Frühgeschichte nicht Bewanderte: Vor der Schlacht von Drepana (heute Trapani im Westen Siziliens) im Ersten Punischen Krieg (264–241 v. Chr.) wurden an Bord des Schlachtschiffes des Seniorkonsuls P. Claudius Pulcher die Heiligen Hühner „befragt“, indem man ihnen Futter hinwarf. Fraßen sie es, war dies ein gutes Vorzeichen. Leider verweigerten sie in diesem Falle die Nahrungsaufname, und Pulcher ließ die Hühner mit den Worten „ut biberent, quando esse nollent“ (sollen sie trinken, wenn sie nicht fressen wollen) über Bord werfen. Die Schlacht ging übrigens zuungunsten der Römer aus.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Szenen einer Ehe. Teil 1:

Kunigunde

Ich sah die Kunigunde,
die schief stand und nicht grad
und die aus diesem Grunde
gar scheußlich aussehn tat.

Sie hatt’ sich mir versprochen
mit einem Ring dazu.
Was hab ich bloß verbrochen,
daß sie mir läßt kein Ruh?

Nun sind wir Getraute
seit über einem Jahr.
Und wie ‘s mir damals graute,
so blieb es immerdar.

Und nachts auf unserm Zimmer
sie schnarcht bei Mondenschein,
und ich denk still mir immer:
,Wie gern wär ich allein!‘

Dienstag, 22. Juni 2010

Enten, teilweise nicht fotogen

Die linke Ente hätte auch etwas galanter auf ihren Unwillen hinsichtlich des Fotografiertwerdens hinweisen können.

Montag, 21. Juni 2010

Yoghurta

Es war der Joghurtmann nicht stark,
doch herrscht er über lange Jahr
glücklich übern Sahnequark,
wo er wohnhaft war.
Weiß war seine Heimat,
lecker und gesund,
und dieses Faktum sein tat
für seinen Tod der Grund:

Denn der arme Joghurtmann
nicht länger leben sollte;
ein Kindlein trat schon bald heran,
das Quark gern essen wollte.
Sein Wuchs war klein, blond war das Haar,
bezaubernd war das Kleid,
und engelsgleich die Stimme war:
„Welch Hunger hab ich heut!“

sprach das Kind, nahm sich den Quark
und aß ihn voll Genuß.
Den Joghurtmann, den traf es arg –
qualvoll war sein Schluß!
Unter ging sein Yoghurta,
im Sahnequark sein Reich.
Die Schuld von einem Kindlein ’s war,
daß nun er ist ’ne Leich!

Freitag, 18. Juni 2010

Böse Folgen eines Sturzes

Es ruft die Pflicht –
geschwind zu Pferde!
Doch laufen will mein Rößlein nicht –
schreiend fall ich auf die Erde!

Es ruft die Pflicht!
Doch rufen kann sie noch so sehr,
sie hören kann ich nicht:
Der Sturz verletzte mein Gehör!

Donnerstag, 17. Juni 2010

Schreck am Morgen

Wenn morgens du vor ‘n Spiegel trittst
und vor dem großen Loch erschrickst,
das grausig auf dem Spiegel weilt,
während dir der Mut enteilt
dann denke nicht gleich ans Erschießen –
wie wär’s, erst mal den Mund zu schließen?

Mittwoch, 16. Juni 2010

Ovids Metamorphosen modernisiert. Teil 5:

SITIS VEXAT SED AGRICOLA MAGIS

Mit Sack und Pack und Kindern zwei
an einem Tümpel kam vorbei
vor langer Zeit in fernem Land
die Frau, die sich Latona nannt.
Die Reise ob des Durstes stockte,
doch hier ein kühles Wasser lockte.
So naht die Dame mit den Kindern,
um des Durstes Pein zu lindern.

Doch zwischen Durstige und Trank
drängte sich ein übler Zank;
denn finstre Bauern voller Wut
verwehrten ihnen feuchtes Gut:
„Liebe Frau, ihr sollt bedenken:
Wir müssen unser Vieh noch tränken!“
„Meine Herrn, nur einen Krug,
da bleibt den Kühen doch genug!“

„Liebe Frau, wärs das allein,
sollt es uns nichts Arges sein –
allein, ihr dürfet nichts hier räubern,
da unsre Fraun noch Wäsche säubern!“
„Ihr guten Herrn, so seht doch ein:
Auch dann wirds noch genügend sein!“

„Verehrte Dame, dies mitnichten,
lasset euch sodann berichten,
daß nach langen Arbeitstagen
wir uns auch zu baden wagen!“
„Aber Unrat und die Seifen
werden den Geschmack angreifen!
Soll ich etwa meinen Kindern
den Durst mit einer Lauge lindern?!“

„Nun, Madame, ihr seht wohl nicht,
was aus unsern Worten spricht:
Trinken könnt ihr, doch nicht hier,
dies Wasser ist zu gut dafür!“

Ein Klagen ließ die Mutter hören,
woran die Bauern sich nicht stören;
im Gegenteil: Sie gehn zum Ufer
und spotteten den durstgen Rufer:
„Weib, ihr wollt dies Wasser haben?
Nun denn, so sollt ihr euch dran laben!“
So sprachen sie voll Hohngelächter,
die elendigen Tümpelwächter,
und trampelnd wie die Elefanten
sie ins klare Wasser rannten.
Spritzend liefen sie umher,
wie wenns ‘ne Herde Kühe wär.

Der Mutter nun die Augen tränten,
derweil die Bauern sich nicht schämten:
Sie warfen sich nun auf den Grund
und spien wie Lamas aus dem Mund;
am Boden wühlten sie wie Schlangen,
und Schmutz und Schlamm troff von den Wangen.
Dann hüpften sie gar wie die Hasen,
und schafften viele luftge Blasen;
Sie sprangen aus dem Teich gleich Fröschen.
„So kommet euren Durst hier löschen“,
sprachen sie an sie gewandt,
die Bosheit just ein Ende fand.

Latona aber sprach voll Würde:
„Zur Strafe sei euch diese Bürde:
Quaken sollt ihr alle Tage,
Störche seien euch zur Plage,
Trockenheit sei euer Tod,
ihr Niedertracht in andern Not!“
Und als das letzte Wort verklang,
ertönt ein schauerlich Gesang
von Wesen, die mit krummen Rücken
niemands Liebreiz je entzücken.

So endeten hier Lykiens Bauern,
ohne irgendwen zu dauern;
wer durstgen Göttern Trank versagt,
der wird von ihnen schlimm geplagt.

Dienstag, 15. Juni 2010

Das beschmierte Löschblatt. Teil 2

Hier fragt ein freundlicher Schüler schriftlich bei seinem Banknachbarn nach, ob er sich wohl erdreisten dürfte, sein, also des Banknachbarn, Löschblatt zu beschmieren. Leider wartete der unfreundliche Banknachbar das Ende der Frage erst gar nicht ab und zog es vor, statt mit dem Stifte mit der Faust zu antworten, so daß die schriftliche Frage nicht zu Ende geführt werden konnte.

Montag, 14. Juni 2010

Das beschmierte Löschblatt. Teil 1

Hier fragt ein freundlicher Schüler schriftlich bei seinem Banknachbarn nach, ob er sich wohl erdreisten dürfte, sein, also des Banknachbarn, Löschblatt zu beschmieren. Schriftlich wie die Frage erfolgt die Antwort: Nein, er dürfte es nicht.

Sonntag, 13. Juni 2010

Von einer, die vorgab, das Putzen gelernt zu haben

Den Zugehfraun wird anvertraut,
das Haus zu putzen, ists versaut.
Bei Familie Kellermann
dies hatt Fräulein Wisch getan.

Diese war – obgleich schon sechzig –
wieselflink und äußerst rüstig:
Das Haus war schon nach einer Stunde
blitzeblank – und das vom Grunde.

Doch war das Thema ,Fräulein Wisch‘
bei Kellermanns schon bald vom Tisch;
denn Schutz vor Krankheit gibt es nicht:
Rheuma plagte sie und Gicht!

Mit schwerem Herz beschloß man dann:
’ne neue Putze muß jetzt ran!
Solches ließ sich nicht verhehlen –
doch woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Man horchte im Bekanntenkreis,
ob jemand eine Putzfrau weiß.
Schließlich fand sich ’ne Verwandte,
die sich Evi Zwerg benannte.

Aufs Putzen war die nicht versessen –
sie hätte nur gern Geld besessen!
Sie hielt sich für besonders keck
und verteilte nur den Dreck!

Nach einem Monat sah das Haus
wie ’n stabulum porcorum aus:
Der Staub schon an den Knien stand,
und Spinnen webten an der Wand.

In Kellermanns die Wut entbrannte:
„Niemals wieder ’ne Verwandte!“
Und die Moral der Prozedur:
Vetternwirtschaft schadet nur!

Samstag, 12. Juni 2010

Wenn man in Vorlesungen zu faul ist, sich alles aufzuschreiben. Teil 7:

Für in byzantinischer Geschichte nicht Bewanderte: Die Kaiserinwitwe Zoe heiratete Konstantin IX. Monomachos (1042–1055), der sich lieber seiner Mätresse zuwandte, derweil Zoe in ihren Gemächern Parfüms zusammenbraute.

Freitag, 11. Juni 2010

Wenn Tugenden aufeinanderprallen…

Foto: Otto Conrad
Hier treffen auf ebenso beeindruckende wie fatale Weise deutsche Tugenden wie Beharrlichkeit und Genauigkeit zutage: Die Herrschaften warten wie vorgeschrieben auf den Bus an der dazu vorgesehenen Stelle. Daß er bereits längst dort steht, bemerken die Leute zwar, sagen sich aber: „Der steht ja nicht genau an der Bushaltestelle, also wird der nicht für uns sein, also warten wir weiterhin!“ Der Busfahrer hingegen denkt: „Blödes Volk, was kann ich dafür, daß die Bremsen so schlecht sind! Ich warte jetzt hier, bis die Deppen einsteigen!“

Donnerstag, 10. Juni 2010

Edgar-Wallace-Filme, die nie gedreht wurden. Vierter Teil:

Scotland Yard steht vor einem neuen Rätsel: Innerhalb kürzester Zeit werden aus der Themse zwei tote Kriminelle gefischt, die nicht ertrunken sind. Aber auch andere Todesursachen lassen sich vorläufig nicht feststellen, bis Polizeiarzt Dr. Knife (Eddi Arent) durch Zufall entdeckt, daß die Toten durch ihre Ohren verbluteten – das muß das Werk des „Schwätzers“ sein, der schon so viele Frevler in den Tod geredet hat! Bislang wurde allgemein angenommen, er wäre nach Australien ausgewandert, aber Sir John (Siegfried Schürenberg) erhält von einem geheimnisvollen Informanten (Klaus Kinski) einen unwiderlegbaren Beweis, daß der Schwätzer sich wieder in London aufhält. Selbstverständlich setzt Sir John seinen besten Mann auf die Spur des Schwätzers, Chefinspektor Bluebear (Wolfgang Völz). Unterstützt wird dieser von dem Manne, der schon einmal kurz davor war, den Schwätzer hinter Gitter zu bringen: Kommissar i. R. Greyhound (Fritz Rasp), der Bluebear allerdings mehr Rätsel aufgibt, als er ihm hülfe. Eine erste Spur führt zum letzten bekannten Aufenthaltsort des Schwätzers, Babbling Mansion. Doch die schwerhörige alte Dame (Agnes Windeck) und der taubstumme Butler (Albert Bessler), die sie dort antreffen, sind nicht in der Lage, den Ermittlern irgendwelche Hinweise zu geben. Bluebear und Greyhound tappen im Dunkeln, bis der rätselhafte Informant ebenfalls tot mit blutenden Ohren aus der Themse geborgen wird…

Mittwoch, 9. Juni 2010

Wenn man zu viel Freizeit hat…

Viele Menschen haben sich zum Hobby erkoren, am Fenster zu sitzen und die Welt geschützt hinter Glas zu betrachten. Die Welt will natürlich wissen, was an dieser Glotzerei so besonders ist und probiert es auch einmal aus.

Dienstag, 8. Juni 2010

Worüber Werbefritzen brüten müssen

Kommunisten geben sich oft verbittert und verbiestert, rechthaberisch und humorlos. Ein sympathisches Maskottchen tut also Not, um den Ruf der Roten aufzupolieren und für die junge Generation den Kommunismus wieder attraktriver zu gestalten.

Montag, 7. Juni 2010

Haariger Zwangsjob

In einem Fall von Selbstjustiz zwang eine Hexe die Tochter eines Diebes, für sie zu arbeiten.

(fpv) Zu Beginn der kommenden Woche wird Richterin Annegret Rübenacker, 56, über einen in ihrer Karriere einzigartigen Fall verhandeln: Die Hexe Casimira Z., 839, wird angeklagt, Selbstjustiz verübt zu haben und die Tochter ihres ehemaligen Gärtners Egon J., 38, als Zwangsarbeiterin mißbraucht zu haben. Die 14jährige Gundula, genannt „Rapunzel“, wurde von Z. in einen abgelegenen Turm gesperrt und war, so der Anwalt der Familie J., Georg Leberer, 59, einem „Psychoterror ohnegleichen“ und „außerordentlichen körperlichen Strapazen“ ausgesetzt gewesen.
Bislang befindet sich das Mädchen noch in psychologischer Behandlung; bleibende seelische Schäden bei dem Opfer sind nach Meinung des behandelnden Psychiaters Friedhelm Klotz, 41, sehr wahrscheinlich: „Es ist nicht auszuschließen, daß meine Patientin in Zukunft hohe Gebäude und Menschen mit langen Haaren meiden wird.“
Die Hexe Z. fühlt sich zu Unrecht angeklagt und will Egon J. vor dem Richter sehen: „Ich habe den Mann jahrelang als Gärtner beschäftigt und weißgott nicht schlecht bezahlt. Der Dank dafür war, daß er sich ungeniert an meinen Gemüsebeeten bediente.“
Z., die im Laufe der Hexenverfolgungen im Mittelalter viele Verwandte und Angestellte verlor, zögerte nicht lange, als sie die Diebereien entdeckte und stellte J. vor die Wahl: entweder Polizei oder eine Abarbeitung der Schuld. „Daß nicht er selbst büßen wollte, sondern seine Tochter vorschickte, kann man mir doch nicht zum Vorwurf machen“, entrüstet sich Z. Ihr Anwalt Holger Täsch, 51, bestätigt diese Ansicht, räumt dennoch ein, daß seine Mandantin „wohl noch nicht darüber informiert war, daß Kinderarbeit mittlerweile in Deutschland verboten ist.“
Bizarr mutet die Arbeit Gundulas an: Sie saß im obersten Geschoß des Laborturmes der Z. und mußte ihrer Arbeitgeberin mit ihrer langen Haarpracht beim Besteigen des Dachgeschosses helfen, wenn der Fahrstuhl seinen Dienst versagte. Ansonsten half sie der Hexe bei der Entwicklung und Herstellung neuer Zaubertränke und mußte bisweilen auch einige von ihnen kosten.
„Wir prüfen zur Zeit, ob eine Anzeige wegen Körperverletzung Erfolg verspricht“, so Leberer. „Ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz liegt allemal vor, da die Heranwachsende 38,5 Stunden pro Woche beschäftigt wurde.“
Annegret Rübenacker werde sich die Entscheidung nicht leicht machen, betonte sie. Einer hat bereits entschieden: Gundula hat sich ihrer Haare entledigt.

Sonntag, 6. Juni 2010

Samstag, 5. Juni 2010

Ovids Metamorphosen modernisiert. Teil 4:

AGRICOLÆ IMPENSAM FACIUNT

Europa saß, erfüllt von Qualen,
vor des neuen Haushalts Zahlen:
„Sechse müssen aus den zehn
Euros an die Bauern gehn.
Täte mans nicht hier verschwenden,
könnte sinnvoll mans verwenden,
zum Beispiel für Sozialausgaben,
daß arme Leute sich dran laben.
Doch mit diesen Geldern hier
zahle Bauern ich dafür,
daß sie gar nichts produzieren
(außer den verrückten Stieren).
So kanns hier nicht weitergehn,
baldigst muß etwas geschehn!“

Des harten Sparens Kommissar
die ehrgeizig’ Latona war.
Es hallte ihre Kampfparole:
„Bauern weg zu unserm Wohle!“
Der Testfall fern in Lykien war,
Verhüllungschiffre „Hex und spar“:
Die Bauern hexte sie zu Fröschen:
„Das wird Milliardenkosten löschen!“

Europas Laune bald war heiter,
sanken doch die Kosten weiter.
Und als Europa landwirtsfrei
sprach sie: „Oh, wie ich mich freu!
Endlich fließen keine Gelder
mehr für öd- und brache Felder.
Latona, ich bin dankbar dir.
Schluß ist mit der Bauern Gier!“

Doch währte nicht sehr lang der Friede,
denn sparen konnt man nicht rigide:
Zwar fehlte nun der Bauern Gieren,
dafür mußt man importieren!
So kam es, daß der sechs aus zehn
Euros an das Ausland gehn!

Mittwoch, 2. Juni 2010

Den Wind zum Feinde

Ich blickte durchs Glas der Ferne,
wobei am Fenster ich stand,
betrachtend den Mond und die Sterne
und hell erleuchtetes Land.
Die Winde mein Tun bald entdeckten,
sie trieben mir Wolken hierher,
bis ganz sie den Himmel bedeckten,
auf daß ich hier sähe nichts mehr.

Die Freundin und ich, wir gingen
spazieren, doch nicht allzu lang:
Gar düstere Wolken verfingen
sich oben, voll nässendem Drang.
Eröffnet die himmlischen Schleusen,
vergessen zu Hause der Schirm,
endete hier unser Reisen,
um nicht noch im Dunklen zu irrn.

Ich malte gerade an Bildern,
wie stets, so auch diesmal im Frein;
da fiel etwas, flüssig und silbern –
und auf meine Kunstwerke drein!
Ich spürte mich unwillens lauschen
nach dem, der den Scherz mir gemacht.
Ich hörte es fast aus dem Rauschen:
Der Wind, wie er über mich lacht!

Dienstag, 1. Juni 2010

Eiszeit?

Eine neue Eiszeit wäre eine große Freude für Eisblumenhändler, denn dann müßten sie nicht mehr zurückgezogen auf Is- oder Grönland ihrer Beschäftigung nachgehen. Die „Ísblóm“ aus Island würde dann als „Flor Gèlid“ auch Katalonien beglücken. Daß herkömmliche Blumenhändler pleite gingen, ist natürlich wenig erfreulich, aber ein bißchen auch ausgleichende Gerechtigkeit.

Montag, 31. Mai 2010

Katzen singen Taiwan

Taiwan ist ein kleines Land, das gerne übersehen wird, so daß man achtlos daran vorübergeht. Daher hat der taiwanesische Verkehrsminister Um Lei Tung jetzt große Hinweisschilder an den Grenzen anbringen lassen, um potentielle Touristen ins Land zu locken.

Freitag, 21. Mai 2010

Fast ein Romananfang oder: (Fast) ein Tag ohne Brille (glückliches Ende eingeschlossen)

„Klingeling! Ring!“ Unbarmherzig riß der Wecker mich aus dem Schlafe. Erst ein kurzes Blinzeln meiner Augen, dann warf ich die Decke mit Schwung zur Seite und war schon im Begriffe aufzustehen. Geschwind setzte ich mich auf und stellte die Füße auf den Boden – knack! Ein scheußliches Geräusch splitternden Glases beleidigte meinte Ohren. Entsetzt blickte ich zu Boden und konnte aufgrund meiner Kurzsichtigkeit nur erahnen, was geschehen war: Ich hatte meine Brille zertrampelt. Gottseidank hatte ich aus einer romantischen Gefühlsregung heraus meine alte aufbewahrt!

Donnerstag, 20. Mai 2010

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Stünden die Zeiger nicht auf der falschen Zeit, so wäre dies ein Kunstwerk höchster Güte mit enigmatischem Symbolcharakter. „O seht nur“, riefen die Betrachter verzückt aus, „düstere Wolken ziehen heran, und es ist fünf vor zwölf!“ Aber nein, die blöde Uhr mußte ja unbedingt auf zwanzig vor zwei stehen!

Mittwoch, 19. Mai 2010

Gärtners Alptraum

Tags bei Arbeit voller Wonne,
doch furchtbar, was des Nachts er träumt:
Dann sieht in seiner Biotonne
Müh und Werk der Blumenfreund.

Fort! heißts da für die Geranien,
der Sonnenblumen Köpfe tief,
tot die Blumen fern aus Spanien,
braun verfärbt die Mutter Stief.

Kahl der Baum, der einst voll Kirschen,
Rosen landen auf dem Müll,
und des Gärtners Zähneknirschen
hört man drohend in der Still.

Montag, 17. Mai 2010

Wenn Gemälde sich unbeobachtet fühlen…

Angesichts der schlechten, stickigen Luft im Louvre ist es kein Wunder, daß das unergründliche Lächeln der Mona Lisa sich dann und wann in eine Fratze verwandelt, wenn sie mal wieder angewidert die Luft anhält.

Sonntag, 16. Mai 2010

Ovids Metamorphosen modernisiert. Teil 3:

NEMO PERFECTVS

Pygmalion im ganzen Land
ein jeder mit der Kunst verband:
Ob Marmorbilder, Zieramphoren –
an Schönheit war sein Herz verloren.

So wollte es auch keiner glücken,
seinen Liebreiz zu entzücken,
da er blickte höchst genau
auf jeden Makel einer Frau:
Adlernase, schief und lang,
Speckgesicht mit Aknedrang,
Beingestalt in Form des X,
trübes Aug geschielten Blicks,
schwarzer Zahn, geschupptes Haar –
keine ganz vollendet war.

„Gibts auf Erden hier nicht eine,
schaff ich mir sie ganz alleine!“
sprach er schließlich desperat,
drauf er gleich zum Marmor trat
und meißelte sich die Figur,
der Schönheit innewohnte nur.

Nach langen, harten Werkestagen
das Bild er konnt zur Venus tragen,
wo er sich zuerst verbücket,
dann um eine Wandlung bittet:
„Venus, schönste Göttin du,
nutze deine Kraft dazu
– ich bitte dich mit Ehrfurchtsschaudern –
von Marmor dies in Fleisch zu zaubern!“

Gütig durch solch Wort gestimmt,
von Venus ein Bejahen klingt.
So konnt des Schönheitssinns Mäzen
mit Gattin gleich ’gen Zypern gehn.
Doch hört man – ob Pygmalions Mängeln –
von der Dame stetes Quengeln:

„Deine Nas ist krumm und schief,
Falten hast du, viel und tief.
Ein gelber Schleier ziert die Zähne.
(Mir grausets, wenn ichs bloß erwähne!)
Sehnig ist dein Hals und lang,
zum Nägelkauen zeigst du Zwang.
Entschwunden ist im Lauf der Jahre
gänzlich deine Pracht der Haare.“

Erzürnt durch solch verruchtes Zetern
end’t der Weg nach wen’gen Metern.
Die beiden machten kehrt die Wende
und eiln zu Venus’ Schloß behende.

Beendet war der eitlen Sein,
indem sie wieder ward zu Stein.
„Und die Moral“, Pygmalion spricht:
„Die Schönheit einzig reichet nicht!“

Samstag, 15. Mai 2010

Dreifacher Dank

Ein großes Dankeschön, lieber Gott, dafür, daß ich meinen letzten Skiurlaub heil überstanden habe – abgesehen von einem kleinen Schlüsselbeinbruch... Ein mittleres Dankeschön dafür, daß beim letzten Hochwasser nur mein Hobbykeller mitsamt der Eisenbahnanlage überflutet wurde. Und schließlich noch ein ganz kleines Dankeschön dafür, daß meine Schwiegermutter ihre Lungenentzündung heil überstanden hat.

Freitag, 14. Mai 2010

Die Leiden des modernen F.

Was nützet mir Philosophie
oder gar Theologie!
Juristerei und Medizin –
nutzlos sind sie meinem Mühn:
Ich stehe vor verschloßnem Tor,
weil die Schlüssel ich verlor.
Mag heißen ich Professor gar
(dies schon seit dem zehnten Jahr),
herauf jedoch und quer und krumm
rutsch suchend ich am Grund herum,
blick nach Schlüsseln wütend brennend,
bislang jedoch nicht finden könnend.
Ja, schau nur höhnend, Mondenschein,
auf meine Schwernis, meine Pein!
So such ich noch nach Mitternacht,
wenn alles schläft; bloß ich, der wacht.
Oh, daß außer Kippen und Papier
die Schlüssel bloß erschienen mir!

Donnerstag, 13. Mai 2010

Erste Hilfe


Das Schild hat sich beim Schaukeln übernommen und ist ohnmächtig geworden. Ein hilfsbereiter Mensch brachte es zur Vermeidung von Schlimmerem in die stabile Seitenlage.