Samstag, 1. Mai 2010

Ovids Metamorphosen modernisiert. Teil 1:

VITA IOVIS – LETVM BOVIS


Mit Langeweile und mit Wein
im Olymp saß Zeus allein,
da seine Frau, die Hera hieß,
ihn auf Knall und Fall verließ.
Ob verletzter Eitelkeit
weilte sie bei Paris weit,
sich zu rächen am Verhöhner,
der befand die Venus schöner!
Wie gesagt, saß mit dem Wein
Zeus auf dem Olymp allein.

Daß dieses recht bald anders werde,
versucht sein Glück er auf der Erde.
Inkognito dort lustzuwandeln,
mußt erst er sich zum Stier verwandeln.

Und nach langem Suchen fand
er sie, Europa kurz genannt.
(Kürzer noch hieß sie EU,
doch das tut hier nichts dazu.)
Der Ort, wo er die Schöne sah,
das schöne Städtchen Brüssel war.

Als er sie sah, war er entzückt,
worauf er gleich ein Blümchen pflückt
und tänzelte auf grüner Weide –
dem Mädchen aber nicht zur Freude!
Verärgert in dem höchsten Maß
sie aus einer Vorschrift las:

„Wenn dem Umstand nun so ist,
daß du ein Stier aus England bist,
so gilt durch Schlachten dir der Tod –
zumindest ein Importverbot.
Denn an deinem Tanzstil seh
ich klar, daß du hast BSE!
Auch wenn dieses nicht der Fall:
Mängel hast du überall!
Der Huf zu kurz, das Horn zu lang –
noch nie gehört vom Normenzwang?
Der Kopf zu breit, die Brust zu schmal –
dem Schlachter ist das nicht egal!
Gänzlich fehlt der Nasenring –
wo kämen wir denn da noch hin?
Nein, um mir jetzt noch zu imponieren,
mußt normgerecht dich ausstaffieren!“

Sprachs und nahm ein Buch zur Hand
(es war ein Tausend-Seiten-Band):
„Nimms und lies mal dieses hier:
,Wie werd ich normgerechter Stier?‘
Außerdem noch die Broschüre:
,Was tun, wenn ich was importiere?‘“
So ließ sie nun den Zeus allein.

Der sitzt heute noch mit Wein
und Langeweil auf seinem Zimmer
und studiert das Buch noch immer!

1 Kommentar:

Sixtus hat gesagt…

Genial, fürwahr!

Doch BSE ist längst passé,
jetzt regiert die Schweingrippé!